Mein Name sei Kyrill
oder
Der Turgoteffekt
Es beginnt spektakulär: Sturm Kyrill fegt mit brachialer Gewalt über Europa. Ein Wirtschaftsprofessor wird in einem Wald von umstürzenden Bäumen getroffen. Unter ihnen begraben schwebt er zwischen Leben und Tod. Vor seinem geistigen Auge ziehen die letzten Wochen vorbei, nachdem ihm das passiert war, was man immer erhofft, um so mehr aber zu fürchten hat: Er verliebt sich in eine seiner Studentinnen hoffnungslos.
Der Leser wird Zeuge dieser Liebesgeschichte, ist aber zugleich auch Teilnehmer einer Vorlesung, in der ihm auf unerwartete Weise klar wird, warum die Welt auf ein existenzielles Problem, den Turgoteffekt, zusteuert und auf welche Weise man ihm entgegenwirken, beziehungsweise ihn für sich nutzbar machen könnte.
Beides, Liebesgeschichte und Turgoteffekt, basieren auf derselben Ursache: auf dem ‘Zu sehr’. Was geschieht, wenn etwas zu sehr geschieht?
Bereits vor zweihundertfünfzig Jahren erkannte Robert Jacques Turgot, Frankreichs Finanzminister unter Ludwig XVI, dass die Ertragskraft eines Ackers ab einem bestimmten Punkt nicht nur nachlässt, wenn man ihn immer intensiver bearbeitet. Dass es ihm sogar schadet, wenn man die Intensität der Bearbeitungen weiter steigert: Die Erträge sinken, statt dass sie zunehmen.
Aus dieser grundlegenden Erkenntnis heraus entwickelte die Wirtschaftswissenschaft das berühmte “Ertragsgesetz” mit seinem erst aufsteigenden und dann abfallenden Kurvenverlauf. Es ist so einfach wie genial.
Die Frage aller Fragen lautet: Lässt sich der ertragsgesetzliche Verlauf auch auf den Organismus Erde als Ganzes übertragen?
Niemand in Politik und Wirtschaft fragt ernsthaft danach. Genau so wenig wie die Wissenschaft. Im Gegenteil, es wird so getan, als folge die Entwicklung wachsender Volkswirtschaften ausschliesslich einem linearen Trend, der stetig und ohne an Grenzen zu stossen immer weiter aufwärts führt.
Zu welchen grundlegenden Erkenntnissen man bei diesen Überlegungen kommen kann, die zu einem völlig neuen Denken über Wachstum und Entwicklung führen, erfährt der Leser “life” in der von Professor Accola gehaltenen Vorlesung, um die herum sich das Schicksal einer kleinen Gruppe Studenten und Studentinnen rankt, die sich in dieser Zeit, jeder auf seine Art, näher gekommen sind.
Ungewöhnlich sind Stil und Aufbau des Romans. Alle handelnden Figuren reden und handeln in der Ich-Person – wie in einem Theaterstück. Professor Vinzenz Accola, seine “Studis” Nora, Mike, Siggi und Mara erzählen im Nachhinein, wie sie die Geschehnisse rund um die Vorlesung erlebt haben und ihrem verehrten ‘Prof Vinz’ auf dem Weg zur Ableitung des Turgoteffekts mit unterschiedlicher Intension gefolgt sind.
Kurz vor Ende des Semesters, als Sturm Kyrill sich anschickt, sein zerstörerisches Werk in Angriff zu nehmen, kommt es zum “Show down” …
Kyrill aber ist nicht nur Sturm. Er ist der unsichtbare Moderator, der im Hintergrund immer wieder mal an den Fäden zieht, damit die Geschichte ihren Fortgang nimmt. Eine Geschichte, die sowohl durch die Irrungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise führt, als auch durch die Wirrungen der Gefühle, die Menschen zueinander finden lässt – oder auch nicht!
Im Kleinen wie im Grossen steht und fällt alles mit dem kleinen Wörtchen ‘zu’: zu sehr, zu viel, zu gross, zu jung, zu alt…
Worin besteht die Lösung? Sturm Kyrill gibt eine überraschende Antwort.